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Geistliches Wort:Passionssonntag

In den meisten sowie auch in unseren Kirchen werden am fünften Fastensonntag, auch "Passionssonntag" genannt, die Kreuze verhüllt mit einem violetten Tuch, der liturgischen Farbe der Fastenzeit. Damit das Wesentliche wieder sichtbar wird. Kpl. Rieder schenkt uns seinen Impuls zu dem Thema.
verhülltes Kreuz
Datum:
16. März 2023
Von:
Petra Klischan

Liebe Schwestern und Brüder,

die Fastenzeit neigt sich dem Ende zu und wir gehen nun großen Schrittes in Richtung Osterfest. Zwei Wochen vor dem Osterfest, am 5. Sonntag der Fastenzeit, werden die Kreuze in den Kirchen verhüllt – das wichtigste Zeichen unseres Glaubens wird den Blicken entzogen. Das, was das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude weltberühmt gemacht hat, ist guter Brauch in den Kirchen bereits seit dem 10. Jahrhundert. In der Verhüllung wird der Blick auf das Objekt gleichsam gereinigt, das Gewohnte und Gewöhnliche wird gestört durch Irritation. Trotz der Verborgenheit hört das Kreuz nicht auf zum Betrachter zu sprechen. Es korrespondiert mit der gewohnten Umgebung auf eine andere Art und Weise, eben durch das Ungewohnte der Verhüllung. Es stößt neue Fragen an, als ob sein Platz, sein Standpunkt im Raum neu verhandelt werden müsste. Die Verhüllung glorreich-goldener Kreuze und triumphal-königlicher Altäre haben nicht nur den Zweck, in den letzten Tagen der Passion den betrachtenden Beter zu mehr Mitleid, Demut und innerer Zerknirschung zu bewegen. Es geht um viel mehr: der Platz des Kreuzes muss neu verhandelt werden, jede Fastenzeit aufs Neue. Welchen Stellenwert hat der Gekreuzigte im Leben der Kirche und in meinem persönlichen Leben? Wo befindet sich heute mein Platz in diesem Drama der Erlösung? An Palmsonntag wird deutlich, dass die Mehrheit lieber den Erfolg und den Glanz des Messias feiert – in Form des Sieges-Korso mit Palmen, ausgebreiteten Gewändern und Hosanna-Rufen –, während am Karfreitag nur noch ein kleines Grüppchen beim Kreuz steht, nachdem wiederum eine Mehrheit ihn verurteilt hat. Gott selbst hat sich in Jesus von Nazareth gleichsam verhüllt und in annehmbarer Weise mitgeteilt, nun wird der Schleier gelüftet und eine Art des Triumphes kommt zum Vorschein, mit der wohl die wenigsten gerechnet haben; der Ernstfall des Glaubens tritt ein: „Der da am Kreuz soll wirklich Gottes Sohn sein? Wie passt diese Ohnmacht zum allmächtigen Gott?“ Enthüllung – „Offenbarung“ – durch Irritation, Außergewöhnliches bricht sich Bahn im Gewöhnlichen, Liebe sieht von sich ab und erblickt selbst in feindseliger Ablehnung umso mehr ihre Daseinsberechtigung, kurzum: „Stark wie der Tod ist die Liebe…Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen“ (Hld 8, 6f.). Herzliche Einladung nicht nur Beobachter zu sein, sondern sich mit hineinnehmen zu lassen in die Feier der letzten Woche und besonders der Heiligen Drei Tage des Leidens, Sterbens und der Auferstehung unseres Herrn! 

Weiterhin eine gesegnete Fastenzeit wünscht Ihnen und Euch

Ihr/Euer

Kpl. Dominik Rieder